Siegfried Stresingvon Siegfried Stresing, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes e.V. (DFV)

Für das Bundesfamilienministerium gilt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) als eines der wichtigsten familienpolitischen Förderinstrumente. Krankenkassen werben wiederum neue Mitglieder mit dem Argument, Familienangehörige könnten kostenlos mitversichert werden. Das wird so oft wiederholt, bis keiner mehr daran zweifelt. 

Realitätscheck Nr. 1: Kinder zahlen in die Krankenversicherung ein!

Was nach beitragsfrei klingt, ist in Wirklichkeit eine verfassungswidrige Belastung von Eltern und ihren Kindern. Denn die „beitragsfreie“ Krankenversicherung entlastet nicht, noch fördert sie Familien, wie zuletzt ein Gutachten der Bertelsmann Stiftung feststellte.

Fakt ist, dass bei der Erhebung der Krankenversicherungsbeiträge, anders als im Steuerrecht, nicht berücksichtigt wird, dass Eltern mit ihrem Haushaltseinkommen nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kinder unterhalten müssen, so dass im Ergebnis nicht nach Leistungsfähigkeit, sondern nach finanzieller Ausstattung belastet wird. 18 Millionen Familienangehörige sind damit nicht „beitragsfrei“ krankenversichert. Die Familie zahlt drauf.

„Da jedoch das vollständige Bruttoeinkommen […] der Beitragspflicht unterliegt und ‚verbeitragt‘ wird, folgt hieraus zwingend, dass die Angehörigen der Versicherten entgegen der allgemeinen Darstellung sehr wohl eigene Beiträge leisten – nämlich diejenigen, die aus ihrem Unterhaltsanteil stammen.“

Dr. Jürgen Borchert, Rechtsanwalt und Landessozialrichter a.D., in: Sozialstaatsdämmerung, Riemann Verlag, S. 98.

Realitätscheck Nr. 2: Eltern zahlen doppelt ein!

Familien werden nicht entlastet, sondern zahlen sogar doppelt ein, denn sie zahlen nicht nur ihren finanziellen Beitrag in die Krankenversicherung ein, sondern leisten einen weiteren, unentbehrlichen Beitrag – und zwar mit der Erziehung ihrer Kinder, die erst die Grundvoraussetzung für den Generationenvertrag und damit das solidarische Bestehen der Sozialversicherung bildet.

Dieser „generative“ Beitrag ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 103, 242 – 1 BvR 1629/94) dem finanziellen Beitrag in jeder Form gleichgestellt. Kinderlose beispielsweise sparen sich die Kosten für den generativen Beitrag, obwohl sie später von den Sozialversicherungsbeiträgen der Kinder profitieren werden.

Bei einem „Leistungssystem, das ein altersspezifisches Risiko abdeckt und so finanziert wird, dass die jeweils erwerbstätige Generation die Kosten für vorangegangene Generationen mittragen muss, ist für das System nicht nur die Beitragszahlung, sondern auch die Kindererziehung konstitutiv“, so die Richter.

Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits 2001 im Pflegeversicherungsurteil fest, dass der generative Beitrag auch für die Kranken- und Rentenversicherung zu prüfen ist. Eine wirkliche Prüfung fand aber durch den Gesetzgeber nie statt und seit 14 Jahren scheut sich der Bundestag das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen.

Das Ergebnis: Familien zahlen 240 Euro je Kind und Monat zu viel in die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung ein – und das, obwohl gerade sie es sind, die mit ihren Kindern die Zukunftsfähigkeit des Sozialversicherungssystems sichern.

Familien! Schließt euch dem Elternaufstand an!

Die „beitragsfreie“ Krankenversicherung ist keine Förderung der Familie. Familien sind schlicht und einfach Nettozahler, denn die Unterhaltskosten für die Kinder und nicht erwerbstätigen Ehegatten werden ebenso wie der generative Beitrag nicht berücksichtigt.

Familien finanzieren also nicht nur mit einem erheblichen Geldbetrag die Krankenversicherung, sondern sichern durch die Erziehung ihrer Kinder auch das Fortbestehen der umlagefinanzierten Sozialversicherung.

Doch nur wer sich gegen Unrecht wehrt, kann etwas ändern! 14 Jahre haben Familien gewartet. Nun jammern wir nicht mehr, wir klagen!

Deshalb haben sich die zwei größten Familienverbände, der Deutscher Familienverband e.V. (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK), zusammengeschlossen und den ersten „Elternaufstand der Bundesrepublik“ initiiert und rufen Eltern auf, einen Antrag auf Beitragsreduzierung bei ihrer Krankenkasse zu stellen.

Inzwischen haben sich tausende Eltern dem Elternaufstand angeschlossen und täglich werden es mehr.


Siegfried Stresing ist Vater von fünf Kindern, Sozialarbeiter und Betriebswirt. Stresing ist seit 25 Jahren in der Familienpolitik tätig und seit 2007 Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes e.V. (DFV). 


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