Er kommt am 5. April 1934 in Landshut zur Welt – und wird Geschichte schreiben. Mit einem Einserabitur in der Tasche schwankt Roman Herzog zwischen den Fächern Physik und Jura. Er entscheidet sich schließlich für die Rechtswissenschaften, studiert in München und promoviert 1958 zum Thema „Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention“. Im selben Jahr heiratet er. Mit seiner Frau Christiane hat er zwei Söhne.
Herzogs berufliche Laufbahn liest sich fortan wie ein Bilderbuch. Mit nur 31 Jahren wird er Professor an der Freien Universität Berlin, sein Thema ist und wird das Staatsrecht sein. Den Weg in die Politik findet er 1970, er tritt in die CDU ein und sitzt wenige Jahre später im Bundesvorstand der Christdemokraten. Er ist geprägt von Bildern der Kriegsjahre, er hat KZ-Häftlinge und Flüchtlinge gesehen – die traumatischen Erinnerungen sind Gründe für seine politische Überzeugung, sagt er.
Aus seinem Amt als Innenminister Baden-Württembergs wird Herzog 1983 ans Bundesverfassungsgericht gerufen. Zunächst ist er Vizepräsident, später Präsident. „Als Jurist lässt er sich nicht von Bauchgefühlen leiten, sondern von Fakten. Er unterscheidet zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, urteilt mit Augenmaß.“, so beschreibt ihn sein Richterkollege Professor Udo Di Fabio. Unter Herzogs Amtszeit werden entscheidende Urteile gesprochen: Darunter auch das „Trümmerfrauenurteil“ von 1992. Es verpflichtet den Gesetzgeber, die Benachteiligung der Familie in der Rentenversicherung mit jedem Reformschritt auszuräumen. Die Beschwerdeführerinnen damals waren zwei kinderreiche Mütter aus DFV-Mitgliedsfamilien. Ihre erwachsenen Kinder trugen durch hohe Rentenbeiträge zur Bestandssicherung der Rentenversicherung bei, während sie lediglich Minirenten für ihre Erziehungsleistung bezogen.
Das Urteil wies ebenfalls darauf hin, dass auch eine maßvolle Umverteilung der Rentenansprüche zu Lasten „kinderloser und kinderarmer“ Personen verfassungsgemäß sei. Doch bis heute setzte die Bundesregierung das Gebot der Obersten Richter nicht um. Roman Herzog appellierte als Präsident des Bundesverfassungsgerichts schon 1993 an die Bundesregierung:
„Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass das, was hier im Familienurteil steht, blutiger Ernst ist und dass wir zwar gegenüber dem Gesetzgeber großzügig sind, dass wir uns aber hier – im Interesse der Familien – nicht alles gefallen lassen!“
Doch es blieb dabei: Bis heute werden Familien mit verfassungswidrigen Beiträgen zur Sozialversicherung belastet. 2015 startete der Deutsche Familienverband deshalb gemeinsam mit dem Familienbund der Katholiken den ersten Elternaufstand der Geschichte. Die Kampagne „Wir jammern nicht – wir klagen!“ eint mehr als 2.000 Eltern, die nicht länger bereit sind, doppelte Beiträge in die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung einzuzahlen. Roman Herzog hätte dieses Engagement sicher gut geheißen.
Als amtierender Bundespräsident setzt Herzog 1997 mit seiner Rede „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen“ einen gesellschaftlichen Meilenstein. Er ist ein volksnaher und direkter Bundespräsident. Auch nach seiner Amtszeit engagiert sich Roman Herzog gesellschaftlich und politisch, kritisiert unter anderem die Unbeweglichkeit und Starre der Menschen in Deutschland. Unter anderem verschafft er dem Thema Wahlrecht ab Geburt Gehör. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ sagt er im Mai 2000:
„Da immer mehr Menschen immer älter werden, kann aus dieser Entwicklung eine gewisse politische Blockade entstehen. Deshalb halte ich es auch für überlegenswert, wenn ein Ehepaar, das drei Kinder hat, insgesamt fünf Stimmen bei der Wahl abgeben könnte.“
2014 ehrt der Deutsche Familienverband Roman Herzog für sein Engagement mit der Verdienstmedaille in Gold und sagt Dank für sein großes Engagement für Familien und ihre Anerkennung in der Gesellschaft. Nun ist der Hüter und Verteidiger des Grundgesetzes im Alter von 82 Jahren gestorben.
Hinterlasse einen Kommentar