Gericht1_small_kirsten_anders_konradsblattEndlich liegt es vor, das schriftliche Urteil mit Begründung des Bundessozialgerichts, auf das Familien ungewöhnlich lange gewartet haben.

Familien, die nicht jammern wollen, sondern klagen. Sie klagen dagegen, dass – trotz einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2001 – der durch Erziehung von Kindern erbrachte Beitrag in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nicht berücksichtigt wird.

Und sie haben sich auf den Weg durch die Instanzen gemacht, um ein weiteres Urteil des obersten deutschen Gerichts zu bewirken. Am 30.09.2015 erreichte eine Familie als Zwischenschritt das Bundessozialgericht.

Dort wurde, zur Überraschung von Prozessbeobachtern, ein Urteil auf Beweisergebnisse gestützt, zu denen sich die Kläger nicht äußern konnten. Die Familie sah sich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und legte eine Anhörungsrüge ein. Und sie erfuhr vom Bundessozialgericht, dass „die mündlich mitgeteilten Gründe nur die Bedeutung einer vorläufigen Information“ hätten (BSG, Beschluss 29.10.2015, B 12 KR 11/15 C).

Die Rechtsbeistände der Familie, Prof. Dr. Thorsten Kingreen und der langjährige Richter am Landessozialgericht, Dr. Jürgen Borchert, können darüber nur den Kopf schütteln: „Das Gericht müsste also nun die Rechtsauffassung vertreten, dass die mündliche Urteilsbegründung – entgegen dem Gesetz – gänzlich unverbindlich ist“, so Borchert. Er will eine Wiederaufnahme der Revision erreichen, um zu „hanebüchenen und fehlerhaften“ Urteilsgründen Stellung zu nehmen.

Auch Dr. Klaus Zeh, der Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV), kann sich nur wundern: „Etliche Familien, die sich ebenfalls auf den Weg durch die Instanzen begeben haben, wurden in den vergangenen Monaten von Sozialgerichten aufgefordert, zum Urteil des Bundessozialgerichts Stellung zu nehmen und ihre Klage zurück zu nehmen“. Zu einem Urteil, dessen Begründung bis heute unverbindlich war.

Mit der schriftlichen Urteilsbegründung wird nun eine neue Runde im Einsatz für familiengerechte Beiträge eingeläutet. Einem 15-jährigen Einsatz, dem sich der Gesetzgeber nur sehr zögerlich anschließt. SPD und Grüne führten bereits am 24.02.2002 als Regierungsfraktionen die Einführung eines Kinderfreibetrages in der Pflegeversicherung als erforderliche Maßnahme auf. Und der CDU-Bundesparteitag hat sich vor drei Monaten dafür ausgesprochen, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend den generativen Beitrag von Familien in den Sozialversicherungssystemen zu berücksichtigen und Eltern insbesondere in der Renten- und Pflegeversicherung auf der Beitragsseite zu entlasten – mit Wirkung zu einem Zeitpunkt, wenn sie auf finanzielle Spielräume am meisten angewiesen sind.


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